Zukunft der Listehrung

Jedes Jahr trafen sich der Vorstand des Reutlinger Liederkranzes 1827 e. V. und der Oberbürgermeister der Stadt Reutlingen rund um den 30.11. zur Kranzniederlegung am List-Denkmal im Gedenken an den Todestag von Friedrich List. Doch dieses Jahr wurde sich dazu entschieden der Ehrung Friedrich Lists in Zukunft einen anderen Rahmen zu geben.

Viele Leser wissen sicherlich, dass der Reutlinger Liederkranz von jeher mit Friedrich List verbunden ist und es sich darum als Aufgabe gestellt hat, die Ehrung Lists aufrecht zu erhalten. Doch wie ist es dazu gekommen? In der Chronik des Reutlinger Liederkranzes zum 175-jährigen Bestehen des Vereins findet sich die Antwort, die hier kurz umrissen werden soll.

Friedrich List wurde 1789 als Sohn eines Reutlinger Weißgerbermeisters geboren. Wie von der Stadt Reutlingen kurz zusammengefasst, zählte List als „Verwaltungsreformer, Eisenbahnpionier, liberaler Denker, Publizist und Nationalökonom […] zu den bedeutendsten Persönlichkeiten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.“ [1] Sein provokatives politisches Handeln und seine revolutionären Ideen waren jedoch nicht überall beliebt. Nach einer Reihe von Niederlagen starb er am 30.11.1846 in Kufstein (Österreich).

Nach seinem Tod gab es in Reutlingen große Diskussionen, ob Friedrich List ein Denkmal gesetzt werden sollte. Nachdem ein erstes List-Komitee scheiterte, wurde während des Stiftungsfestes zum 23-jährigen Bestehen des Reutlinger Liederkranzes 1827 e. V. angeregt ein zweites Komitee zu gründen und dieses voranzutreiben. Schließlich wurde das Denkmal am 6. August 1863 auf dem heutigen Listplatz vor dem Bahnhof an der Karlstraße eingeweiht.

Seit der Einweihung im Jahr 1863 hat sich der Ort um das Listdenkmal herum stark verändert. Früher war es üblich, dass die Ehrung mit Chorgesang des Reutlinger Liederkranzes begleitet wurde. Auch zahlreiche Bürger*innen Reutlingens wohnten der Ehrung bei. Der Ehrungstag wurde sehr feierlich begangen. Doch wegen des immer stärker werdenden Verkehrslärms an der Karlstraße und rund um den Bahnhof wurde dies vor einigen Jahrzehnten eingestellt.

Bis zuletzt wurde jedes Jahr – auch in den Coronajahren – zusammen mit dem jeweiligen Oberbürgermeister, der zuerst einen ehrenden Nachruf auf Friedrich List vortrug, ein Kranz des Reutlinger Liederkranzes am Denkmal niedergelegt. Dann begab man sich gemeinsam zum traditionellen „Weißwurst-Essen“ in ein Lokal und die Zeche wurde abwechselnd von der Stadt und dem Reutlinger Liederkranz übernommen.

Jedoch bekommt diese Art der Ehrung schon lange nicht mehr die Aufmerksamkeit, die Friedrich List verdient hätte. Verkehrslärm und die übliche Alltagshektik tun ihr Übriges dazu. Hunderte Autos fahren während der Ehrung vorbei, sodass die Rede schon wenige Meter entfernt nicht mehr zu hören ist. Zudem sind die meisten Menschen mit anderen Dingen beschäftigt. Sie passieren das Denkmal auf dem Weg zum Bus, zum Bahnhof oder einem der nahegelegenen Fast-Food-Restaurants.

Daher haben sich die Stadt Reutlingen und der Reutlinger Liederkranz nun zur Aufgabe gestellt einen neuen Rahmen für die Ehrung Friedrich Lists zu finden. Dieser soll künftig alle fünf Jahre gebührend geehrt werden. Wie diese Ehrung aussehen wird, darüber werden wir dann berichten. Bis dahin möchten wir anregen noch einmal nachzuschlagen, wer Friedrich List war und welche Bedeutung er für unsere Stadt hat. Denn hinter dem List-Denkmal steckt mehr als nur das Bildnis eines Mannes des 19. Jahrhunderts.

[1] https://www.reutlingen.de/de/Leben/Unsere-Stadt/Reutlinger-Persoenlichkeiten/Friedrich-List